Das Bild zu diesem Blogartikel ist bedrückend. Eine Gruppe von Kindern sitzt im Vordergrund lachend zusammen an einem Tisch. Ein Mädchen sitzt alleine und betrübt am hinteren Tisch. Die gezeigte Situation ist nicht eindeutig interpretierbar, die Gefühlslagen der beteiligten Kinder ist jedoch gut zu erahnen. Vielleicht ist das allein sitzende Mädchen betrübt und möchte gerade alleine sein? Vielleicht sucht sie den Anschluss an die Kindergruppe und findet ihn nicht? Oder sie wird bewusst ausgegrenzt? Vielleicht auch gemobbt? Oder sie sammelt Energie, um einen gerade aufkeimenden Konflikt anschließend gut lösen zu können?
Wir können vermuten, was hinter dem Bild steht. Wir sollten uns fragen, was einen Konflikt ausmacht, und wie Mobbing definiert werden kann. Gerade für Pädagog:innen im Schulkontext ist es wichtig, die im Klassenraum beobachteten Prozesse mit dem korrekten Fachwort beschreiben zu können.
Was ist ein Konflikt?
In einem Konflikt besitzen zwei (oder mehr) Personen scheinbar unvereinbare Standpunkte, Bedürfnisse, Interessen oder Handlungswünsche. Dabei schließt der Handlungswunsch der einen Konfliktpartei denjenigen der anderen Person aus. Hinzu kommt, dass eine der beiden Personen den Umgang mit der Differenz so erlebt, dass sie sich dadurch beeinträchtigt fühlt, im Fühlen, Denken, Wollen und/oder Handeln. Ein Konflikt besteht immer aus einem Sachinhalt und einem als negativ empfundenen Gefühl. Die Konfliktpartner haben in den meisten Fällen den Wunsch, dass der Konflikt geklärt wird. Sie wollen bei geringer Eskalationsstufe eines Konfliktes die weiteren Konfliktparteien nicht schädigen.
Was ist Mobbing?
Ein:e Schüler:in wird gemobbt, wenn sie/er wiederholt und über eine längere Zeit den negativen Handlungen eines oder mehrerer anderer Schüler:innen ausgesetzt ist. Oft beginnt Mobbing mit einem Konflikt, der sich verfestigt hat. Von den beiden Parteien ist anschließend eine in die Unterlegenheit geraten. Die unterlegene Person wird dann häufig und über eine längere Zeit angegriffen, fertig gemacht und drangsaliert. Es entsteht ein Machtungleichgewicht und die unterlegene Person hat kaum mehr die Möglichkeit, sich aus eigener Kraft aus der Situation zu befreien. Ferner gibt es Mobbingfälle, denen kein Konflikt zugrunde liegt, manchmal ist alleine das Verlangen jemandem zu schaden für das Zustandekommen von Mobbing ausschlaggebend.
Mobbinghandlungen werden durch ein Beziehungsgefüge in der Schulklasse ermöglicht. Man spricht vom Mobbingopfer und vom Mobbingtäter (oder der Gruppe der Mobbingtäter). Ferner gibt es Mitläufer, Zuschauer und Wegschauer, und erst dieses System ermöglicht Mobbing.
Unterschied zwischen einem Konflikt und Mobbing
Konflikte und Mobbing unterscheiden sich deutlich.
Konflikte passieren.
Mobbing ist absichtsvoll.
Konflikte entstehen und wollen gelöst werden.
Mobbing schädigt und bringt den Täter in eine Machtposition.
Es gibt also einen deutlichen Unterschiede zwischen einem Konflikt und Mobbing. Im Mittelpunkt eines Konfliktes steht die Sache und der Wunsch, die eigenen Bedürfnisse und Interessen erfüllt zu bekommen. Im Zentrum von Mobbing steht die Person des Mobbingopfers. Ziel ist in diesem Fall die Ausgrenzung und Abwertung des Opfers. Mobbing kann auch Entlastungsventil für Aggressionen sein oder die pure Lust am Quälen. Und das, das hat mit einem Konflikt rein gar nichts mehr zu tun.
Bearbeitungsmöglichkeiten von Konflikten und Mobbing
Konflikte und Mobbing sind zwei unterschiedliche Sachen, und so sind unterscheiden sich auch die Möglichkeiten der Intervention.
Für Konflikte bietet sich das Verfahren der Mediation an, aber auch die Formate des Konfliktklärungsgespräches, ein Konfliktcoaching oder eine Konfliktmoderation.
Für Mobbingfälle in der Schule wird mitunter eine Klassenmediation durchgeführt. Ich tendiere eher zu den Formaten No Blame Approach und der Farsta-Methode. Dabei empfehle ich den No Blame Approach für niedrigere Klassenstufen und noch nicht lange andauernde Mobbingfälle. Die Farsta-Methode nutze ich eher für höher eskalierte Fälle und ältere Schüler:innen.
3 Antworten
Sehr geehrte Fr. Dr. Schäfer ,
ich bin auf der suche nach den unterschieden der Ausgrenzens durch mobbing und des ausgrenzen durch Fehlverhalten des Opfers gestoßen .Der Artikel konnte mir etwas helfen aber noch nicht ganz der Klärung beitragen.Vielleicht haben sie eine Antwort auf meine Frage.
Mein Kind ist einer der jenigen die den anderen Jungen Ausgrenzen (sie sind alle 8 Jahre -3. Klasse) .Der Lehrer und Hort meinen es sei mobbing ,jedoch möchten sie einfach bei bestimmten spielen wie Fußball ,also gruppenspiele ihn nicht dabei haben weil er sehr gewaltätig ist und oft schnell zuhaut und davor wollen sie sich schützen .Einzeln spielen alle mit ihm ,so die Aussage des Hortes.Ich sagte ihnen das das kein mobbing sondern eine Reaktion auf die Angst wieder von ihm gehauen oder gewirgt zu werden ist -die Lehrerin hat jedoch keine Einsicht und zwingt die Kinder ihn mitspielen zu lassen -ich denke das doch jeder das recht hat sich seine Freunde auszusuchen und dem Junge auch nicht geholfen ist wenn er bezüglich auf seiner Agressiven weise auch noch recht bekommt. Ich sagte das sie ihr Konzept mal überdenken sollten ,da ich nun nicht weiß was ich meinen Sohn sagen soll was das richtige Verhalten ist denn er sieht ja das der junge immer recht bekommt wenn er wieder einen anderen Gewalt zufügt wird gesagt das war nur ein Reflex er hat sich ja entschuldigt aber das ihr nicht mit ihm spielt provoziert ihn (so waren die tatsächlichen Worte des Erziehers als er mir sagte das mein sohn ein Mobbingtäter sei).
Ich bitte um eine Antwort ,bzw ihre Hilfe mit freundlichen Grüßen A.
Liebe A.,
entschuldigen Sie bitte meine späte Reaktion auf Ihren Kommentar. Ich habe ihn erst jetzt entdeckt.
Wenn ich Sie richtig verstehe, dann suchen Sie die Antwort auf die Frage, ob der von Ihnen geschilderte Fall Mobbing ist oder einen Konflikt darstellt. Dazu schaue ich mal, ob ich sie richtig verstanden habe. Es handelt sich um einen Fall in der 3ten Klasse. Es gibt ein Kind, das von anderen vom Fußballspielen ausgeschlossen wird, weil dieses Kind oft gewalttätig ist und schnell zuhaut. Die anderen Kinder lassen darum dieses Kind nicht mitspielen. Ihre Vermutung ist, dass der Grund dafür ist, dass sie nicht mit diesem Kind aneinander geraten möchten. Es ist weniger wahrscheinlich, dass die Kinder dies tun, um den Jungen bewusst auszugrenzen oder ihm zu schaden. Aus diesem Grund sehe ich den Sachverhalt tatsächlich als Konflikt an.
Und bei einem Konflikt ist es wichtig, dass er mit allen geklärt wird, dass alle ihre Anteile an der unguten Situation sehen. Da fehlt ein gemeinsames Mediationsgespräch. Mit einer Ansage, das andere Kind mitspielen zu lassen, ist es nicht getan. Auch der Junge, der ausgegrenzt wird, sollte verstehen, wie es zu dieser Dynamik kommt.
Wenn Sie dies der Schule vortragen, so kann es natürlich sein, dass die Schule Sie für befangen erklärt und nicht anhören möchte. Vielleicht können die Kinder selber etwas ausrichten, indem sie ihre Lage den Pädagog*innen schildern und ihren Wunsch nach einer Klärung der Situation direkt formulieren.
Ich drücke Ihnen jedenfalls die Daumen, dass diese für alle belastende Situation gut geklärt werden kann. Schreiben Sie gerne, wie sich alles weiter entwickelt hat. Oder nehmen Sie Kontakt mit mir auf zur weiteren Klärung der Situation. Mit besten Grüßen von Christa Schäfer