Wut, das ist neben der Freude, dem Ekel, der Furcht, Verachtung, Traurigkeit und Überraschung eine der sieben Basisemotionen nach Paul Ekman. Sie ist in allen Kulturen zu Hause und wird in allen Kulturen auf dieselbe Art und Weise zum Ausdruck gebracht.
Die Wut ist eine sehr heftige Emotion und häufig eine impulsive und aggressive Reaktion, ausgelöst durch eine als unangenehm empfundene Situation oder Bemerkung. Gegenüber dem Ärgern besitzt die Wut ein höheres Erregungspotenzial. Im Gegensatz zum Zorn ist die Wut näher dran am eigenen Ich. Wut macht uns darauf aufmerksam, dass etwas nicht stimmt. Kinder, Jugendliche und Personen aller Altersstufen haben ein Recht auf alle ihre Gefühlsäußerungen, und so natürlich auch auf Wut.
Die Entstehung von Wut wird psychologisch analog zur Entstehung von Aggression erklärt. Während jedoch mit Wut ein Gefühl gemeint ist, wird mit Aggression ein biologisch verankertes Verhaltensmuster bezeichnet, das der Verteidigung oder Gewinnung von Ressourcen dient und nützlich zur Bewältigung potentiell gefährlicher Situationen ist.
Regelrechte Wutausbrüche können bei kleinen, bei größeren Kindern, bei Jugendlichen und Erwachsenen vorkommen. Vielfältige Ursachen können dahinter stehen. Die Wut als solches ist normal und gibt uns Hinweise, deshalb ist es so wichtig, die Ursache für die Wut zu „erforschen“. Selten ist es gut, die Wut zu ignorieren. Keinesfalls sollte man sich zu unüberlegten Taten hinreißen lassen. Und ist die Wut vorüber, so ist ein Gespräch über die vorangegangene Situation sehr zu empfehlen.
Leidet ein Kind selber unter seiner starken Wut, so können Eltern oder Pädagog*innen mit dem Kind Übungen einführen und so dazu beitragen, dass das Kind seine Wut selber regulieren lernt. Auch für Jugendliche (oder Erwachsene), die leicht sehr wütend (oder sogar aggressiv) werden, kann es äußerst hilfreich sein, sich ein Paket an Verhaltensweisen zuzulegen, um die eigene Wut so kanalisieren zu können, dass sie niemandem schadet.
5 hilfreiche Strategien im Umgang mit Wut
Wut versetzt den Körper in Alarmbereitschaft. Stresshormone werden ausgeschüttet. Der Blutdruck steigt. Der Puls rast. Das Gesicht fühlt sich heiß an. Die Muskeln spannen sich an. Die Hände werden schwitzig. Wer wütend ist handelt oft ohne nachzudenken. Dabei können andere Menschen leicht verletzt werden.
Wenn Kinder und Jugendliche merken, dass sie in die Wutspirale einsteigen, dann können sie der Eskalation bewusst entgegenwirken. Folgende 5 Strategien sind genau für diese Situationen gemacht. Eltern, Kita-Erzieher*innen und Schul-Pädagog*innen können die Übungen direkt mit den Kindern und Jugendlichen einüben und trainieren, damit die Übungen in den wirklich kritischen Momenten dann präsent sind.
1. Bewusst atmen
Häufig bekommen Menschen in Wut-Situationen Herzrasen und nur stockend Luft. Daher ist es wichtig gut durchatmen zu können. Das funktioniert natürlich weniger gut, wenn ich dem Kind sage: „Jetzt atme mal tief und gleichmäßig“. Das wird aber gut funktionieren, wenn ich eine kindgemäße fantasievolle Atemübung mit dem Kind mache. Die Schlangenatmung macht ganz viel Spaß und ist bereits etwas für die ganz Kleinen.
„Setze dich ganz ruhig auf den Boden, auf einen Stuhl oder lege dich auf eine weiche Matte. Lege deine Hände auf den Bauch und atme 4 Zählzeiten mit der Nase ein. Du wirst merken, wie dein Bauch dicker wird und die Luft in den Bauch strömt. Anschließend nimm deinen Mund zu Hilfe und atme solange aus wie du kannst. Mach dabei ein zischendes Schlangengeräusch nach. Gerne kannst du auch innerlich zählen, während du wie eine Schlange zischend ausatmest. Bis zu welcher Zahl bist du gekommen?“
Jugendliche und Erwachsene schaffen es auch ohne Schlangenlaute tief ein- und auszuatmen, um einer unbändigen Wut vorbeugen zu können. Davon bekommen die anderen Anwesenden dann oft gar nichts mit, denn normales tiefes Atmen kann geräuschlos vonstatten gehen.
2. Kurz den Raum verlassen
Merken Jugendliche, dass sie gleich „platzen“, so ist es gut sich kurz zu entschuldigen und für einen Moment den Raum zu verlassen. Damit sind sie zunächst erst einmal aus der kritischen Zone raus, können sich regulieren, wieder in die Situation hineingehen und beispielsweise dann um ein Gespräch bitten, um die Sache zu klären. Diese Möglichkeit bedeutet natürlich für Pädagog*innen, dass sie der oder dem Jugendlichen erlauben, kurz aus der Situation gehen zu können.
3. Der stumme Indianerschrei
Wenn in einer Situation die Wut reguliert werden soll und dabei kein Geräusch gemacht werden darf, so bietet sich der stumme Indianerschrei an. Er funktioniert folgendermaßen:
„Öffne deinen Mund und tue so als ob du ganz laut schreist – nur, dass nichts zu hören ist. Das spannt die Muskeln im ganzen Körper an und du kannst ganz lautlos die ganze Wut raus schreien. Danach, du wirst es merken, sind die Muskeln total schlaff und gehen in den Entspannungszustand. Die Wut ist runtergefahren und du hast dich wieder mehr im Griff.“
Natürlich sind auch Autogenes Training und Progressive Muskelentspannung äußerst hilfreich, falls sie bereits erlernt wurden.
4. Gedanken stoppen
Manche Kinder und Jugendliche brauchen in einem wütenden Zustand etwas, das ihr Gedankenkarussell stoppt. Dabei kann es sich als hilfreich erweisen, sich kaltes Wasser über die Unterarme laufen zu lassen oder einen Eiswürfel in die Hand oder sogar in den Mund zu nehmen, denn dadurch kann sich der Körper und können sich die Gedanken „abkühlen“. Drehen sich die Gedanken weiter im Kreis, so kann die ABC-Technik genutzt werden:
„Nimm dir ein großes Blatt und schreibe die Buchstaben von A bis Z untereinander auf. Jetzt überlege dir, was für eine Wortgruppe du sammeln möchtest. Sammele Tiere, Länder, Blumennamen, Musiktitel oder ähnliches. Sammelst du Tiere in deiner Wortgruppe, so kann dann beispielsweise auf dem Papier stehen: Aal, Bisamratte, Camäleon, Dachs, Elefant, usw. Du kannst diese Übung natürlich auch in Gedanken machen oder die Tiernamen laut aufsagen.“
5. Rennen, Boxen und mehr
Manchmal hilft es nicht, dass man „nur“ über seine Wut spricht, dann muss die Wut raus, da muss man „Dampf ablassen“. Dabei soll natürlich niemand verletzt werden, weder durch Worte noch durch Taten. Deshalb folgende Tipps:
„Rennst du gerne? Dann renne gleich ein paar Runden um den Häuserblock. Hast du einen Boxsack? Der eignet sich vorzüglich um die Wut wegzuhauen. Und falls du keinen Boxsack hast, dann nimm ein Kissen, in das du hinein schlägst. Du wirst merken: Draufhauen kann ganz schön entlastend sein, und zur Verstärkung kannst du gleichzeitig bei jedem Schlag deine Wut rausschreien.“
Es gibt natürlich noch viel mehr hilfreiche Übungen, um mit seiner eigenen Wut besser klar zu kommen. Was tust du in solchen Situationen?
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Mit diesem Artikel nehme ich an der Blogparade meiner Mediationskollegin Stefanie Jirgal teil, die diese zum Tag der Mediation 2021 ausgelobt hat. Ich freue mich auf die anderen Blogartikel und danke dir liebe Stefani für diese wunderbare Idee zur Blogparade.