Umgang mit Doppelbotschaften

Vanja spricht in Doppelbotschaften

Was sind Doppelbotschaften bzw. Double Binds?

Josefines Kollegin Vanya trifft häufig Aussagen, die Josefine verwirren und irritieren. Sie hat das Gefühl, dass Vanya eine Sache sagt, aber verdeckt eine andere Botschaft mitschwingt. Es kommen widersprüchliche und uneindeutige Botschaften bei Josefine an. Das äußert sich in ganz unterschiedlichen Situationen. Auf ein „Wie geht es dir?“ antwortet Vanya in leidendem Tonfall: „Gut, danke.“ Bei einem Teamtreffen sagt Vanya zu einem Vorschlag: „Ja, das können wir so machen“, jedoch mit einer Unzufriedenheit, so dass es sich keineswegs nach Zustimmung anhört. Vielmehr kommt auf nonverbaler Ebene an, dass sie sich ärgert. All diese Interaktionen von Vanya heißen Doppelbotschaften. Ja, und der Umgang mit Doppelbotschaften ist nicht einfach.

Nicht nur mit den Kolleg*innen verhält sich Vanya so, sondern auch mit den Grundschulkindern der Einrichtung. „Ist schon okay“ sagt sie, als ein Kind bei der Hausaufgabenhilfe die Thermoskanne auskippt und sich der Tee über Tisch und Boden verteilt – aber in der Aussage liegt ein höchst aggressiver Unterton, der nahelegt, dass es gar nicht okay ist. Oder sie ruft: „Könnt ihr bitte nicht im Gang rennen?!“, was eine Forderung ist, aber als Frage getarnt. Es ist keine echte „Bitte“, denn bei einer wirklichen Bitte hätten die Schüler*innen die Möglichkeit, sich frei und ohne Sorge bzgl. Nachteilen zu entscheiden. Hier aber haben sie beim Rennen mit Ärger zu rechnen.

Vanyas Interaktionen werden in der Kommunikationspsychologie auch mit dem Begriff „Double Bind“ (Doppelbindung) bezeichnet. Empfänger*innen der Botschaft werden durch die unterschiedlichen Elemente innerhalb von ein und derselben Aussage konfus und wissen nicht, worauf sie sich verlassen sollen. Wie sie sich auch entscheiden, es scheint falsch zu sein. Das Gehirn ist ständig überfordert, weil es nie weiß, wie die Zeichen interpretiert werden sollen. Insofern spricht man in der Doppelbindungstheorie auch von paradoxen Botschaften oder Signalen.

Wenn Menschen längerfristig damit konfrontiert sind, kommt es häufig zu einer Dauerbelastung, sie fühlen sich ständig angespannt. Es kommt ihnen so vor, dass etwas mit ihnen nicht stimmt und es lässt sie oftmals massiv an ihrer Wahrnehmung zweifeln. Es gibt sogar Untersuchungen darüber, dass Kinder, die mit Doppelbotschaften aufwachsen, ein erhöhtes Risiko haben, später an einer Schizophrenie zu erkranken (wenngleich die Ergebnisse umstritten sind).

Was steckt hinter Doppelbotschaften und Double Binds?

Wie immer kann es ganz unterschiedliche Hintergründe dafür geben, weshalb Menschen auf Doppelbotschaften zurückgreifen. Manche Personen trauen sich nicht, direkt nach etwas zu fragen oder zu bitten oder nein zu sagen. Sie haben nicht gelernt, dass ihre Bedürfnisse und Emotionen (z.B. Ärger) legitim sind und versuchen, diese weniger deutlich einzubringen. Es kann auch sein, dass sie selber ambivalent damit sind, was sie wollen. Eine andere Möglichkeit ist, dass die Person Doppelbotschaften verwendet, um bewusst oder unbewusst ihr Gegenüber zu manipulieren. Im Zweifelsfall kann sie sich darauf berufen, dass sie das ja nicht gesagt und nicht gemeint hat. Auch Narzisstische Menschen verwenden oft Doppelbotschaften.

Besonders belastend ist es, wenn Erwachsene Doppelbotschaften in Abhängigkeitsbeziehungen mit Kindern einsetzen (Eltern, Erzieher*innen, Lehrkräfte). Oder wenn sie von Chef*innen ausgehen und Teil des Betriebsklimas sind, z.B. „Wir schätzen Gegenstimmen – aber wir wollen keine Kritik hören“ oder „Eigeninitiative ist erwünscht – aber wir wollen nichts verändern.“ Und natürlich: Wenn Mitarbeitende mit weniger Mitteln und schlechteren Arbeitsbedingungen bessere und schnellere Ergebnisse erzielen sollen und von Vorgesetzten suggeriert wird, dass das möglich sei.

Was tun bei Doppelbotschaften und Double Binds?

Im Folgenden stelle ich 9 Dos und 3 Don’ts vor, die ich bisher im Umgang mit Doppelbotschaften hilfreich fand und weiterempfehlen kann.

Dos

  1. Selbstaussage und Nachfragen: „Bei mir kommen gerade zwei unterschiedliche Botschaften an, einmal dass… und zum anderen dass… Und das verwirrt mich. Möchtest du X oder Y?“
  2. Bedürfnisse äußern. „Ich brauche es, dass Menschen möglichst direkt sagen, was sie sich von mir wünschen oder erwarten.“
  3. Über Kommunikation im Team sprechen: Wie wollen wir miteinander umgehen? Was wünschen wir uns und erwarten wir voneinander? Welche Form der Kommunikation ist förderlich, mit welcher können wir nicht so gut? Hier kann auch über Doppelbotschaften im Allgemeinen gesprochen werden, ohne mit dem Finger auf jemand bestimmtes zu zeigen.
  4. Strikt nach der gesprochenen Aussage gehen. Nimm die Botschaft, die verbal geäußert wurde als das ausschlaggebende. Du richtest dich nach dem, was die Person explizit gesagt hat und genau genommen kann dir so kein Vorwurf gemacht werden. Vielleicht merkt die Person so, dass sie deutlicher werden muss, wenn ihr etwas nicht passt oder wenn sie etwas anders haben will.
  5. Ablehnen. Wenn du dir nicht sicher bist, ob es sich bei der Aussage um eine Doppelbotschaft handelt und du dich unwohl, irritiert und verwirrt fühlst, kannst du freundlich nein sagen zu dem, was die andere Person von dir möchte. Wenn dein Gegenüber darüber verärgert ist, liegt die Wahrscheinlichkeit nahe, dass es tatsächlich eine Doppelbotschaft war.
  6. Anerkennen, dass du Menschen, ihr Verhalten und ihre Kommunikation nicht verändern kannst. Wie sich Personen verhalten, wie sie interagieren und sprechen, kannst du nicht mit einem Gespräch ändern. Persönlichkeiten, Kommunikationsart und Verhalten sind jahrzehntelang gewachsen. Du kannst schauen, wie du mit dem Verhalten von anderen umgehst und wie du darauf reagierst – das ist schon eine ganze Menge.
  7. Dich selber auf Doppelbotschaften hin überprüfen. Es sind nicht immer nur die anderen, die mit Double Binds kommunizieren. Wie oft hast du dich schon geärgert, es heruntergeschluckt, gute Mine zum bösen Spiel gemacht und gesagt, dass es schon passt… weil du deinen Ärger nicht zeigen konntest oder durftest? Lass dir Rückmeldungen von Freund*innen und Bekannten geben, wie sie dich in Bezug auf Doppelbotschaften erleben.
  8. Bei dir bleiben – oder versuchen, wieder bei dir anzukommen. Das ist einfacher gesagt als getan, aber es ist wichtig, denn sonst wirst du dauerhaft konfus und irritiert.
  9. Ein Arbeitsklima (mit)schaffen, in welchem Emotionen gezeigt werden können, inklusive derjenigen, die nicht so leicht sind. Es soll möglich sein, Gefühle wie Enttäuschung, Frustration, Ärger usw. direkt zu benennen (z.B. mit gewaltfreier Kommunikation), so dass nicht auf passiv-aggressive Doppelbotschaften ausgewichen werden muss.

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Don’ts

  1. Ebenfalls Doppelbotschaften senden. Es ist vielleicht verlockend, der anderen Person etwas von ihrer eigenen Medizin zu verabreichen, so dass sie weiß, wie es sich anfühlt. Aber das sorgt nur für mehr Unklarheiten, Fehlkommunikation und Missverständnissen.
  2. Das Gegenüber durch Mimik, Gestik etc. zu „lesen“ versuchen, um die Doppelbotschaften zu entschlüsseln. Es ist ein Mythos, dass wir andere wirklich verstehen können, wenn wir sie nur genug beobachten. Wir können nie wissen, was in einer anderen Person vorgeht und was ihre Intentionen sind; wir müssen nachfragen. Eine andere Person zu „lesen“ ist emotional anstrengend und setzt die Priorität bei ihr und nicht bei dir.
  3. Das Gegenüber überzeugen, dass es sich um Doppelbotschaften handelt. Es ist wahrscheinlich, dass Menschen, die im Alltag häufig Doppelbotschaften verwenden, selber diese nicht sehen. Für sie sind es ganz normale Fragen und Aussagen. Verschwende keine Energie, es ihnen zu erklären, wenn sie es nicht verstehen. Es reicht, dass du die Doppelbotschaften für dich erkennst und damit umgehst.

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Was sind deine Erfahrungen im Umgang mit Doppelbotschaften? Was hat sich für dich als hilfreich erwiesen und was kannst du weiterempfehlen?

Ich freue mich über deine Ideen und Anregungen…
sagt Christa Schäfer

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