Gaslighting – Wenn Manipulation eine Beziehung zerstört

Gaslaterne an einer Häuserfront

Weißt du bereits was Gaslighting ist? Der Begriff ist ein relativ neuer Begriff für ein Phänomen, das es schon lange in Beziehungen und Partnerschaften gibt. Hier im Artikel mehr dazu …

Inhalt

Was ist Gaslighting?

„Gaslighting“ ist ein Begriff, der ein spezielles Manipulationsverhalten beschreibt, bei dem eine Person versucht, die Realitätswahrnehmung einer anderen Person systematisch zu untergraben oder in Frage zu stellen, meist um Kontrolle oder Macht auszuüben.

Das Ziel des Gaslightings ist es, die betroffene Person so zu verwirren und zu destabilisieren, dass sie an ihrer eigenen Wahrnehmung, ihrem Gedächtnis oder sogar ihrem Verstand zweifelt. Täter:innen handeln berechnend und ohne Rücksicht auf das Opfer. Beim Opfer kann das Gaslighting zu einem Verlust des Selbstvertrauens führen, was die betroffene Person wiederum anfälliger für weitere Manipulation oder Kontrolle durch Täter:innen macht.

Täter und Opfer von Gaslighting-Prozessen kennen sich meist und stehen oft in Beziehung zueinander. Zudem steht diese Form des subtilen emotionalen Psychoterrors oft in Verbindung mit Mobbing oder Bossing und wird verstärkt durch Menschen mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung oder einer Borderlinestörung eingesetzt.

Woher kommt der Begriff?

Der Begriff Gaslighting stammt aus einem britischen Theaterstück namens „Gas Light“ von Patrick Hamilton aus dem Jahr 1938. Dieses Stück wurde später mehrmals verfilmt, darunter gibt es die berühmte Version von 1944 mit Ingrid Bergman in der Hauptrolle.

Die Geschichte handelt von einem Mann namens Jack, der versucht, seine Frau Bella in den Wahnsinn zu treiben, um unentdeckt einen Mord zu begehen. Er manipuliert die Gaslampen in ihrem Haus, lässt sie heller oder dunkler leuchten, und bestreitet dann, dass eine Änderung stattgefunden hat, um Bella dazu zu bringen, ihre Wahrnehmung der Realität zu hinterfragen. Jack lässt auch Gegenstände verschwinden und behauptet dann, Bella habe sie verlegt oder vergessen, um sie weiter zu verwirren und sie dazu zu bringen, an ihrem Gedächtnis und Verstand zu zweifeln.

Dieses Verhalten – das Manipulieren von Informationen oder Umgebungen und das Leugnen der Realität, um das Opfer dazu zu bringen, seine eigene Wahrnehmung in Frage zu stellen – wurde als „Gaslighting“ bezeichnet, und der Begriff hat sich seitdem in der Psychologie und in populären Diskussionen über Beziehungsmissbrauch und Manipulation etabliert.

Der Gaslighter

Man findet unter den gaslightenden Personen (Täter:innen) häufig Narzisst:innen, die nach außen hin souverän und selbstbewusst wirken, auf der anderen Seite jedoch ein geringes Selbstwertgefühl besitzen und ständige Aufmerksamkeit, Lob und Anerkennung benötigen, um ihr Unzulänglichkeitsgefühl zu kompensieren.

Nach dem Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik handelt es sich aus der psychoanalytischen Perspektive beim Gaslighting um ein Wechselspiel von Projektion bzw. Introjektion eines psychischen Konflikts des Täters auf sein Opfer. (Stangl, 2023).

Die Webseite Lou and you ist eine Plattform, die Unterstützung bei jeder Form von Gewalt in Beziehungen zusagt. Sie sieht die emotionale Gewalt auf gleicher Ebene wie die körperliche und die sexualisierte Gewalt.

Manipulationstechniken, die ein Gaslighter verwendet

Täter:in ist häufig jemand, dem das Opfer vertraut oder von dem es abhängig ist. Täter:innen nutzen beispielsweise folgende Manipulationstechniken:

Leugnen: Täter:innen bestreiten Ereignisse, die definitiv passiert sind, selbst wenn das Opfer Beweise hat. Beispielsweise wird eine Beleidigung oder einen Vorfall von Missbrauch geleugnet und behauptet, „so etwas würde ich nie tun“.

Widersprüchliche Informationen geben: Täter:innen präsentieren dem Opfer widersprüchliche Informationen.

Veränderung von Details: Täter:innen ändern in Erzählungen kontinuierlich Details über vergangene Ereignisse, um das Gedächtnis des Opfers in Frage zu stellen.

Manipulation durch Schuldgefühle: Der Gaslighter könnte das Opfer beschuldigen, „überempfindlich“ oder „paranoid“ zu sein, wenn es seine Bedenken äußert.

Ein „ständiger Tropfen höhlt den Stein“: Der Gaslighter kann eine ständige, geringfügige Kritik üben, die das Selbstwertgefühl des Opfers langsam untergräbt.

Isolation: Täter:innen versuchen, Opfer von Freunden, Familie oder anderen Unterstützungsnetzwerken zu isolieren, was es für die Opfer schwieriger macht, eine externe Perspektive auf die Situation zu bekommen.

Diese Mechanismen sind oft subtil und können allmählich im Laufe der Zeit eingeführt werden, was es für die Opfer schwierig macht, das Gaslighting überhaupt als solches zu erkennen.

  • „Das bildest du dir nur ein.“
  • „Das habe ich nie gesagt / getan.“
  • „Du hörst dich verrückt an, das weißt du schon…“
  • „Das ist alles deine Schuld.“
  • „Du bist zu emotional.“

Das sind typische Sätze, die von gaslightenden Personen stammen.

Auswirkungen von Gaslighting auf ein Opfer

Verwirrung und Unsicherheit: Opfer haben oft das Gefühl, dass etwas „nicht stimmt“, können aber oft nicht genau bestimmen, was es ist.

Zweifel an der eigenen Wahrnehmung: Opfer beginnen, eigene Erinnerung und Wahrnehmung zur Realität zu hinterfragen.

Gefühl des „Verrücktwerdens“: Das Opfer hat das Gefühl, den Verstand zu verlieren, da es seine eigene Wahrnehmung der Realität ständig in Frage stellt.

Selbstzweifel und vermindertes Selbstwertgefühl: Durch ständige Kritik und Untergrabung beginnt das Opfer, an sich selbst und an seinen eigenen Werten zu zweifeln.

Angst und Paranoia: Opfer leben ständig in der Angst, etwas „falsch“ zu machen und sind besorgt, dass niemand ihnen glauben wird, wenn die eigenen Erfahrungen geteilt werden.

Depression und Hoffnungslosigkeit: Im Laufe der Zeit könnte das Opfer depressiv werden und ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit entwickeln, da es sich in einer Situation gefangen fühlt, die es nicht kontrollieren kann.

Wenn jemand diese Gefühle und Reaktionen erlebt und glaubt, dass er Opfer von Gaslighting ist, ist es wichtig, dass sie oder er professionelle Hilfe sucht, wie etwa eine:n Therapeut:in oder eine Psychologische:n Berater:in.

Beispiel: Gaslighting an einer Universität

Julia und Thomas waren wissenschaftliche Mitarbeiter:innen an der gleichen Universität. Sie hatten sich beide um die gleiche Stelle beworben, und Thomas hatte sie bekommen, wobei Julia ihm als Stellvertreterin zugeteilt wurde. Sie hatten zwar unterschiedliche Persönlichkeiten, schienen aber zunächst gut miteinander auszukommen.

Mit der Zeit bemerkte Julia jedoch subtile Veränderungen in Thomas‘ Verhalten. Er fing an, ihre Ideen während der Sitzungen herunterzuspielen, nur um sie später als seine eigenen darzustellen. Wenn sie ihn darauf ansprach, bestritt er dies vehement und behauptete, sie sei verwirrt.

Ihre gemeinsamen Projekte waren ein noch größeres Problem. Thomas würde oft auf den letzten Drücker Änderungen vornehmen und dann behaupten, dass sie gemeinsam darauf gekommen waren. Er würde Julia sogar für Fehler verantwortlich machen, die sie nicht begangen hatte. Ihre anfängliche Unsicherheit wuchs zu ständiger Sorge und Selbstzweifel.

Julia sprach mit ihrem Mentor, Professor König, über ihre Bedenken. Sie konnte ihre Gedanken kaum ordnen, fühlte sich irrational und verwirrt. Professor König hörte aufmerksam zu und nach sorgfältiger Überlegung stellte er fest, dass sie möglicherweise Opfer von Gaslighting wurde. Er erklärte ihr, dass Thomas versuchte, ihre Wahrnehmung der Realität zu manipulieren, um seine eigene Position zu stärken.

Julia war zunächst geschockt, fühlte sich aber auch erleichtert. Endlich hatte ihre Unsicherheit einen Namen. Mit der Unterstützung von Professor König konfrontierte Julia Thomas und machte ihm klar, dass sein Verhalten inakzeptabel war. Es war kein leichter Weg, aber sie gewann langsam ihr Selbstvertrauen zurück und setzte klare Grenzen für ihre Zusammenarbeit mit Thomas.

Gaslighting und Mediation – Passt das?

Während einer Mediation sollen die Parteien offen und ehrlich miteinander kommunizieren, ihre Bedenken und Wünsche zum Ausdruck bringen und gemeinsam nach Lösungen suchen. Wenn eine Partei versucht, die Wahrnehmung der anderen Partei durch den Gaslighting-Effekt zu manipulieren, ist eine offene und ehrliche Kommunikation nicht möglich. Bereits dieser Umstand spricht gegen eine Mediation bei Gaslighting.

Ich bin zwar dafür, es auch in „schwierigen Fällen“ mit Mediation wenigstens zu versuchen, dennoch kann ich mir nicht vorstellen, dass jemand, der Gaslighting betreibt oder betrieben hat, einer Mediation überhaupt zustimmt. Jedenfalls habe ich bisher von keinem solchen Fall gehört. Und falls es dennoch vorkommen sollte, ist gut zu überlegen, wie die Mediation durchgeführt werden kann.

Selbst wenn das Gaslighting vorüber ist und die ehemaligen Partner:innen womöglich sogar getrennt sind, so kann es durch eine ungute Begegnung im Rahmen einer Mediation meiner Ansicht nach zu einer Retraumatisierung kommen.

Eine Mediatorin und ein Mediator sollten wissen was Gaslighting bedeutet. Sie sollten auch in der Lage sein, Anzeichen von Gaslighting zu erkennen und darauf zu reagieren. Dies kann darin bestehen, die gaslightende Partei in geeigneter Art und Weise darauf anzusprechen, das Opfer zu unterstützen oder, in schweren Fällen, die Mediation zu beenden.

Es ist wichtig zu beachten, dass Mediation nicht immer der beste Weg zur Lösung von Konflikten ist, insbesondere wenn es Hinweise auf psychischen Missbrauch wie Gaslighting gibt. In solchen Fällen kann eine therapeutische oder juristische Intervention geeigneter sein.

Literaturtipps

Dr. Robin Stern: Der Gaslight-Effekt. Wie Sie versteckte emotionale Manipulation erkennen und abwenden.

Emory Green: Der gefährlichste Gehirnwäsche-Trick der Narzissten und anderer Manipulatoren. So schaffen es Menschen unbemerkt, das Selbstbewusstsein ihrer Opfer zu zerstören.

Ich möchte mit diesem Blogartikel dazu beitragen, dass Mediator:innen und auch alle anderen sich über das Phänomen des Gaslightings informieren können. Und ich hoffe, dass diese Form des emotionalen Missbrauchs in nächster Zeit weiter erforscht wird, so dass konkrete Hilfestellungen möglich sein werden.

Mit dieser Hoffnung grüßt dich herzlich
Christa

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2 Antworten

  1. Sehr schön zusammengefasst und erläutert, wohltuend. Hier:
    Beispielsweise wird eine Beleidigung oder einen Vorfall von Missbrauch geleugnet und behauptet, “so etwas würde ich nie tun”.
    müsste es wohl „ein“ Vorfall heißen.
    Liebe Grüße aus der Textkünstler-Ecke 😉

    1. Hallo Verena,

      danke für deine lobenden Worte.
      Du scheinst ein „Wortprofi“ zu sein, so entnehme ich es deinem Text.
      Wunderbar, da wiegen deine Worte gleich doppelt so viel. Und ja, das stimmt natürlich, es muss „ein“ vor dem Wort Vorfall heißen. 😊 Da kann man seinen eigenen Text mehrfach lesen, und übersieht dann doch so das ein oder andere. 🌞

      Viele Grüße von Christa

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